Die Zeit zwischen Samhain und Yul gehört zu der dunkelsten des Jahres. 
Wir befinden uns auf dem engsten Weg hinab, in der Spirale des 
Jahreskreises. Es geht ganz weit nach innen. Werden wir es auch dieses 
Jahr schaffen, das Licht wieder in uns zu entzünden? Werden wir es 
schaffen, die Natur mit unserem inneren Feuer wiederzubeleben, 
wiederzuerstehen gleich den Göttern und uns frisch und jung dem Frühling
 entgegen zu erheben?
 
Die Zeit zwischen Samhain und Yul ist düster, kalt und ungewiss. Sie
 lauert voller rauer Dämonen, die der Zeit den Namen Rauchnächte 
einbrachte. Man räuchert in dieser Zeit viel (was auch irgendwie mit 
Rauch und den Weihnächten zu tun hat).
 
Es ist eine Zeit des Schutzes, in der man alles, was bewahrt werden 
soll, umhegt. Schau ich auf meinen Garten, liegt alles brach. Alles ist 
von Schneemassen und Eis bedeckt und geschützt mit einer dicken Schicht 
Reisig. Meine Katze schläft nur noch und ist kaum bereit, ihre Pfoten 
vor die Tür zu setzen und auch ich selbst fühle mich seltsam nach innen 
gekehrt.
 
Alle Pflichten bereiten mir Mühe und Anstrengung. Am liebsten möchte
 ich mich den ganzen Tag in die Arme meines Liebsten kuscheln und seine 
warme, lebendige Haut spüren, um mich daran zu erinnern, dass es das 
Leben gibt. Wohl jeden, der wie die Götter in der Unterwelt in dieser 
dunklen Zeit die Arme seiner Liebsten an seiner Seite weiß.
 
Die Tage sind grau und zwielichtig und selbst meine vielen 
Zimmerpflanzen kehren in sich ein, ziehen sich zurück, lassen die 
Blätter welken, gleich ihren Verwandten vor der Haustür. Empfindsame 
Menschen leiden in dieser Zeit an einer so genannten 
Herbst/Winterdepression. Auch in der Literatur finden wir dieses als 
Jahreszeitenmotiv.
 
Dem entgegen zu wirken hieße auch wirklich, einen wichtigen 
Bestandteil des Lebens unserer Vorfahren, unserer Identität aufzugeben. 
Es ist normal, denn zu dieser kalten Zeit bleibt man viel im Bett, man 
zeugte Kinder, es war die Zeit des Sähens. Man stand - als es noch keine
 Elektrizität gab früher auf, um die Tiere zu versorgen, um Hausarbeiten
 im spärlichen kurzen Tageslicht zu verrichten (flicken von Kleidung, 
weben/spinnen, Essen kochen, putzen, etc.). Man ruht sich aus und schaut
 nach innen, verarbeitet, was einem in der Hochzeit der Natur geschehen 
ist.
 
Abends saß die Sippe unserer Vorfahren beisammen, erzählte sich von 
den Göttern, von den Menschen der Sippe, den Alten und allem, was 
zwischen ihnen lebt. Man erfand und schuf Mythen. In diesen Mythen 
konnte man reisen, träumen, sich bewegen. Dabei wurden durch die 
Geschichten über die Taten unserer Vorfahren diese wieder lebendig.
 
Das Yulfest ist ein Fest der Familie und vor allem auch ein Fest der
 Freude, des Schmauses, wo die kläglichen Reste geteilt und auch 
verteilt wurden, wo man tanzte und somit die Zeit, in der das neue Licht
 wiedergeboren wurde, freudig begrüßte. Alle Menschen innerhalb der 
Gemeinschaft mussten mithelfen, damit es ein neues Leben gab und die 
Sonne nicht endgültig starb.
 
An den Tagen mit besserem Wetter gingen die Männer jagen, doch die 
Zeit um die Rauhnächte, die Zeit nach Yul, galt als tabu. Zu dieser Zeit
 jagten die Götter und Geister des Landes selbst. Wer mit ihnen lief, 
war entweder besonders mutig oder verzweifelt, entweder er wurde von 
Wotans Meute zerfetzt oder bekam einen minderen Teil von der Beute ab. 
Heute berichten Sagen über diesen Nachtjäger. Manch mutiger Mann 
forderte die Meute der Geister und Wesen heraus, um spezielle Macht und 
gutes Geschick zu erlangen.
 
Um diese Zeit erträglicher zu machen und das Geschick im nächsten 
Jahr zu beeinflussen, entwickelten sich Riten und Bräuche. Vielerorts 
wurde Asche aus dem Yulfeuer über die Felder gestreut und ein Teil vom 
Yulbraten wurde geopfert. Heute finden wir den Brauch vor allem bei den 
nordischen Völkern in Dänemark, Schweden und Norwegen, aber auch in 
Frankreich. Der Yulbock (Kohlestück aus dem Yulfeuer) und der Buche de 
Noel (Biskuit-Schokoladenkuchen in Form eines Holzkohlestücks) 
symbolisieren die Kraft der Sonne, die die Felder wieder fruchtbar 
machen sollte.
 
Man muss sich nur die heimelige Wärme des Feuers im Ofen vorstellen,
 welche die Schatten, die Dunkelheit und den Tod fernhält, um die 
magische Kraft eines Yulfeuers zu begreifen. Man schmückte - wie heute 
auch - die eigenen Räume mit Lichtern und immergrünen Pflanzen. Man 
räucherte viel, z.B. mit Kiefernharz, Burgunderholz, Angelikawurzel, 
Wacholder. Man traf sich mit Freunden und besuchte Wintermärkte 
(Wintherthing), auf dem man alkoholische Getränke, Essen und andere 
Waren erstehen konnte. Dazu kam, dass es auf dem Thing neben dem 
Austausch von Informationen (damals gab es weder Zeitung noch Internet, 
die Leute hatten ein lebendiges Netz zu unterhalten) auch Gericht 
gehalten wurde und man gemeinsam das Yulfest feierte und den Göttern 
opferte.
 
War es ein schlechtes Jahr und das Land starb, war dies auch 
traditionell die Zeit, wo man den König selbst den Göttern darreichte. 
Man erschlug ihn und versprengte sein Blut über Vieh und Felder. Daran 
erinnern uns noch heute die Farben dieses Festes, Grün für die 
Fruchtbarkeit (Freyr), Rot für die Lebenskraft (Freya), Weiß für den Tod
 (Knochen, Geister, Ahnen) und Gold für Baldur, den Sohn Odins/Wotans, 
dem Gott der Sonne.
 
Diese Farben, das Feiern, die Gemeinschaft, die Bräuche sind für 
mich das Essentielle, was mich vor der Tristesse der Winterzeit und dem 
ewigen Schlaf bewahrt; die Lichter, die geschmückte Wohnung in den 
heiligen Farben Weiß, Rot und Grün, die Düfte von Winterapfel und den 
aus dem arabischen Raum kommenden Gewürzen Nelke, Zimt und Anis, der 
Duft von Honig, von Kuchen. Die Lieder, die so viele Bedeutungen haben! 
Falk, Jul 2010 

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen