"Dies
ist die Zeit des Mittsommers, wenn die Sonne am höchsten steht und das Land in
Hülle und Fülle gedeiht. Doch es ist auch die Zeit der Wende zur dunklen Hälfte
des Jahres. Eine Zeit, um Wohlstand und Fruchtbarkeit zu ehren, aber auch, um zu erinnern, dass alle Geschenke stets ihren Preis
haben."
Der Morgen war mild und trocken, die Felder dufteten und der Megalith, zu dem wir gewallt* waren, fasste sich warm an, wie ein lebendiges Wesen. Auf unserer Reise folgten wir den vier Elementen, die uns am Leben erhalten und ehrten zugleich die Ahnen, die diesen Ort vor uns erwählt hatten, ehrten die Götter in ihren luftigen Höhen und geheimnisvollen Tiefen, sowie die Naturgeister, in Feld, See und Wolken, ehrten den uralten Tanz von Sonne und Erde. Sangen für jeden ein Lied, brachten für jeden ein Geschenk. Wir opferten in Dankbarkeit und erbaten fortwährenden Segen. Geben und Nehmen. Höhepunkt und Abstieg. Keins ohne das andere.
Der Staub des Feldes legte sich unterwegs auf den Rand unseres Kelches. Der Wind nahm unsere Blütenopfer und trug sie fort, nicht ohne zwei Halme in ihm zurückzulassen. Der Regen bedeckte uns nach unserem Lichterbootopfer und einige Tropfen fielen auch in den Wein. So schnell wie der Regen gekommen war, ließ er nach, die Wiesen trockneten und wir konnten singend um das Lithafeuer sitzen, dessen Funken über unseren Ritualwein geheimnisvoll glühten. Ein vollmundiger Segen nach einem segensreichen Tag und zwei frisch geweihte Statuen zu Ehren von Krodo, der uns in diesem Jahr so unglaublich wohlgesonnen war.
*mhd. mnd. mnl. wallen (germ. *waþlōn) = umherschweifen, umherziehen, ausströmen; später (16. Jhd.) wallfahren = feierlich schreiten (vgl. pilgern = lat. peregrīnus = fremd sein, Fremdling)
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